: Standpunkte

Immer wieder ködern unseriöse Geschäftemacher arbeitslose Menschen mit einer wertlosen aber teuren Ausbildung zum Nikotintherapeuten.

Donnerstag, 1. September 2005 - Die Angst arbeitsloser Menschen vor dem sozialen Nichts macht es möglich: sie greifen nach jedem Strohhalm - und wenn ihnen für den Strohhalm auch ihr letztes Geld abgenommen wird.

Seitdem Rauchen immer mehr zum gesellschaftlichen Problem wird und dementsprechend oft Medienberichte darüber erscheinen, entdecken unseriöse Geschäftemacher ein neues Geschäftsfeld: die Ausbildung zum Nikotintherapeuten.  Dabei verfahren sie nach dem uralten Trick, den Interessenten zunächst bezahlen zu lassen und dann einen Gegenwert zu liefern, der bestenfalls als Schrott zu bezeichnen ist.

Derzeit sind zwei Anbieter in Deutschland besonders aktiv. Die Masche unterscheidet sich in Nuancen, in der negativen Auswirkung auf den Geprellten aber nicht wirklich.

Einer dieser Anbieter hat selbst nicht einmal Rauchentwöhnungsseminare im Repertoire (was ihm,  bezogen auf seine Qualität, auch schwer fallen dürfte). Die Opfer werden mit großformatigen Zeitungsannoncen angelockt und werden in einer sogenannten "Informationsveranstaltung" davon überzeugt, dass eine goldene Zukunft als Nikotintherapeut vor ihnen liegt - wenn Sie erst einmal 2.500 Euro für ein (wertloses) "Ausbildungsmanual" bezahlen. Die einzige reale Chance, die derart "ausgebildete" Nikotintherapeuten am Markt haben, ist die Möglichkeit, einigen mitleidigen rauchenden Verwandten mit dem Versprechen, sie zu kurieren, Geld aus der Tasche zu ziehen.

Der andere Anbieter geht nach aussen etwas subtiler vor: dieser Anbieter ist selbst im Bereich Nikotinentwöhnungsseminare tätig. Auch dieser Anbieter verlangt von Interessenten 2.500 Euro für ein mit dem "Ausbildungsmanual" des ersten Anbieters nahezu identisches "Trainerhandbuch". Im Gegensatz zum ersten Anbieter braucht dieser Anbieter tatsächlich Nikotintherapeuten - zumindest auf dem Papier und auf seiner Website. Denn so läßt sich der Eindruck erwecken, es handele sich um ein großes Unternehmen mit vielen Beschäftigten.

Der Haken: Das einzige, was bei diesem Anbieter sicher ist, ist die Tatsache, dass das Geld des Interessenten weg ist. Eine Garantie, jemals auch nur ein einziges Nichtraucherseminar geben zu können, bekommt der Interessent nicht (er bekommt in der Regel überhaupt nichts schriftliches). Das ist aber nicht alles: dieser Anbieter nötigt dem Interessenten eine Verpflichtungserklärung ab, Ausbildung und "Inhalte" weder im eigenen Namen noch für einen dritten Anbieter zu nutzen. Im Zweifel wird ein auf diese Weise um 2.500 Euro (zzgl. jeden Monat die Kosten für einen Trip nach Bayern zum Sitz des Anbieters) gebrachter "Nikotintherapeut", der seine berechtigten Interessen geltend macht (zum Beispiel eine schriftliche Vereinbarung fordert) vom Geschäftsführer mit den Worten verabschiedet: "Ich habe keine Lust mehr, Sie weiter durchzufüttern". (Originalzitat)

Beide Anbieter verstoßen gegen eine Unzahl von gesetzlichen Normen. Beide Methoden sind in vielerlei Hinsicht glasklarer Betrug und in beiden Fällen ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Anbieter in entsprechenden Dateien von Verbraucherschützern ihren festen Platz einnehmen.

Das hilft den heute Betroffenen aber nicht weiter. Denn bis solche Fälle in ausreichender Zahl bekannt sind um System dahinter zu erkennen und von der Justiz entsprechend behandelt werden, vergeht in der Regel viel Zeit. Darüber hinaus sind diese Anbieter schwer fassbar, weil sie Ihren Gerichtsstand im Ausland haben oder weil es sich um eine GmbH handelt, die im Zweifel gar nicht in der Lage ist, Regress zu leisten.

Der beste Schutz gegen die genannten Methoden bzw. gegen die Anbieter solcher Methoden ist der Verstand:

• Überlegen Sie - bevor Sie auch nur einen Cent zahlen - was eine "Ausbildung" am freien Markt überhaupt wert ist. Gibt es verbindliche Normen? Wer stellt die Normen auf, wer erkennt sie an?
• Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Zusicherungen. Verlangen Sie schriftliche Vereinbarungen mit glasklaren Regeln für beide Vertragspartner. Lassen Sie die Vereinbarungen von einem unabhängigen Fachmann prüfen, bevor sie unterschreiben.
• Seien Sie mißtrauisch, überprüfen Sie "Fakten", die Ihnen genannt werden.
• Achten Sie darauf, dass der Anbieter einen inlänischen Gerichtsstand hat.
• Vergewissern Sie sich, ob der Anbieter solvent ist. Denken Sie daran, dass eine GmbH im Zweifel schwer zu belangen ist und dass es noch mehr Mühe kostet, den Geschäftsführer persönlich haftbar zu machen.
  

Wenn Sie schon Opfer eines dieser Anbieter geworden sind:

• Lassen Sie sich nicht einschüchtern.
• Suchen Sie Hilfe bei einem Rechtsanwalt oder bei Verbraucherschutzorganisationen.
• Denken Sie daran, dass Sie nicht das einzige Opfer sind. Je mehr Opfer sich zu Wehr setzen, um so größer ist die Chance, einem unseriösen Anbieter das Handwerk zu legen und ihn persönlich haftbar zu machen.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Verbraucherschutz und Justiz ein Muster hinter den geschilderten Methoden erkennen und bis ein Musterprozess geführt wird. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Ansprüche geltend machen, bevor sie verjähren. Lassen Sie sich von einem Fachmann beraten.

Am besten aber machen Sie gleich eine seriöse Ausbildung, wenn Sie im Gesundheitsbereich tätig werden möchten. Das ist zwar langwieriger als eine Hauruckausbildung, aber es ist ihre einzige Chance, seriöse Kunden zu bekommen.